- – 21. März 2012, St. Pölten
Auf Initiative der ARGE Musikhauptschulen waren nun nach der Direktorentagung im Vorjahr in Graz erstmals alle Fachkoordinatoren der 97 Standorte in ganz Österreich im Auftrag des BMUKK in die Landeshauptstadt NÖ nach St. Pölten eingeladen, um Impulse zur Verbreitung neuer musikpädagogischer Konzepte zu setzen. Die Präsentation des neuen Kompetenzenkatalogs in Verbindung mit praktischen Anwendungsmöglichkeiten zur Umsetzung sowie die Vernetzung und der Gedanken- und Erfahrungsaustausch der Fachkoordinatoren/innen standen dabei besonders im Mittelpunkt.
Die Landesgruppe in NÖ präsentierte sich bei der Eröffnung mit den Schülerinnen und Schülern der Musikhauptschule Herzogenburg unter der Leitung von SR Otto Schandl und Petra Rockernbauer, die es verstanden durch einen wunderbar breit gespannten musikalischen Bogen alle Teilnehmer/innen zu begeistern. Aber auch die Eröffnungsrede vom Rektor der PH NÖ Univ.-Prof. HR MMag. DDr. Erwin Rauscher konnte durch ihre pointierten Aussagen bezugnehmend auf die tragende Rolle von Lehrerpersönlichkeiten im heutigen Schulsystem überzeugen. Der Bundesvorsitzende Erhard Mann durfte als Ehrengäste vom LSR für NÖ Hofrat Dr. Friedrich Freudensprung sowie den Fachinspektor für Informatik und Begabtenförderung Mag. Alfred Nussbaumer, den Landesobmann des NÖ BMLV Direktor Peter Höckner, Direktor Mag. Erich Broidl sowie den Hausherrn des HIP-Hauses St.Pölten Direktor Mag. Helmut Haberfellner recht herzlich begrüßen und sich bei Dr. Helmut Bachmann MinR. Johannes Baumühlner vom BMUKK recht herzlich für die ideelle und finanzielle Unterstützung bedanken.
Der Blick über den Tellerrand hinaus an die Kunstuniversität Graz, mit der wir in den letzten Jahren schon einige richtungsweisende Fortbildungsinitiativen gesetzt haben oder an die Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar mit dem Konzept des „Aufbauenden Musikunterrichtes“ gespickt mit vielen Anregungen zum offenen Lernen aus den eigenen Reihen war ein Schritt in die richtige Richtung.
Univ. Prof. Gerhard Wanker setzte mit seinem kurzweiligen Eröffnungsreferat zum Thema „Formen des musikalischen Gestaltens“ wichtige Impulse in Richtung eigenständiger Umgang mit musikalischen Materialien und Förderung der pädagogischen und künstlerischen Regiedistanz.
Mag. Béatrice Knopper und Dipl. Päd. Ulrike Moritz von der Musik-HS Hausmannstätten und der PH Steiermark beschäftigen sich auf sehr anschauliche und praktische Weise mit dem Thema „Offenes Lernen im Musikunterricht“. Neben grundsätzlichen Gedanken zum offenen Lernen mit all den Einsatzmöglichkeiten, die sich daraus ergeben, wurden Arbeitsmaterialien anhand konkreter Beispiele (Paletti, Salami, Setzleiste, Zuordnungen, Memory, Domino, Kartenspiele, Brettspiele, Logico, …) hergestellt. Die Fachkoordinatoren/innen konnten viele Tipps, Anregungen und praktische Beispiele für die Arbeit mit ihren Teams an diversen Standorten in ganz Österreich mitnehmen.
Großen Anklang fanden auch die Ausführungen von Prof. Gero Schmidt-Oberländer vom Institut für Schulmusik und Kirchenmusik der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar, der sein musikpädagogisches Gesamtkonzept „Aufbauender Musikunterricht“ (AMU) präsentierte:
AMU rückt das eigene musikalische Handeln in das Zentrum des Musiklernens – aber nicht um seiner selbst willen. AMU zielt vielmehr auf die Schritt für Schritt zunehmende Differenzierung des Hörens aus dem eigenen musikalischen Handeln heraus. Dies ist die unverzichtbare Grundlage für alles weitere Musiklernen, dem ohne diese Basis sehr enge Grenzen gesetzt bleiben. Aufbauender Musikunterricht zielt weiters auf die aktive, zunehmend kompetente und selbstbestimmte Teilhabe der Schülerinnen und Schüler am Musikleben. Er ist ein Unterricht für Lehrerinnen und Lehrer, denen das Gelingen der musikalischen Aktivitäten ihrer Schüler am Herzen liegt. Wenn Schüler die Erfahrung machen, dass ihre musikalische Kompetenz immer mehr zunimmt, dann ist das die beste Förderung
- ihrer Lust sich musikalisch auszudrücken,
- ihres Bedürfnisses Musik für sich selbst sinnvoll zu nutzen und
- ihrer Fähigkeit sich der Vielfalt der Musik, die uns umgibt, verstehend zuzuwenden.
Deshalb baut AMU auf die Kontinuität und Beständigkeit des musikalischen Lernens und Lehrens. Das ist zugleich die Grundlage für die Entwicklung des Gehörs und der Hörvorstellung, dies in allen Schularten.
AMU setzt der Beliebigkeit der Themen und Inhalte im Musikunterricht ein klar strukturiertes Konzept entgegen. Auf dieser Grundlage strebt AMU einen Musikunterricht an, in dem die Schüler schrittweise
- ihre musikalische Erfahrungsfähigkeit,
- ihre musikalische Handlungsfähigkeit und das Können sowie
- ihre Kenntnis von und ihr Wissen über Musik entwickeln können.
In einem Referat stellte uns Direktor Wilhelm Zelch sein neu entwickeltes Programm ephonion vor. ephonion ist ein interaktives E-Learning Programm für Musiktheorie, mit dem man sich Wissen in Musiktheorie aneignen, Rhythmus und Gehör trainieren und sich auf Prüfungen vorbereiten kann. Die Inhalte sind auf den Lehrplan der KOMU (Konferenz der österreichischen Musikschulen) abgestimmt. Das Programm kann im Selbststudium oder ergänzend zum Musikunterricht verwendet werden.
Die Präsentation des überarbeiteten Kompetenzenkataloges für Musikhauptschulen und Neue Musikmittelschulen, der den alten Katalog aus dem Jahr 2008 mit dem musikpädagogischen Masterplan aller Schularten aus dem Jahr 2011 auf sehr gelungene Art und Weise verbindet war ebenfalls ein Schwerpunkt dieser Veranstaltung. Bis zur Veröffentlichung im Juli dieses Jahres sind nun alle Standorte nochmals herzlich eingeladen Stellungnahmen und Änderungswünsche einzubringen. Die Entwicklung von standortbezogenen Standards und Kompetenzen für Musikerziehung an unseren Schulen ist für uns ein überaus wichtiger Beitrag zur Qualitätssteigerung und zur Schärfung des eigenen, autonomen Schulprofils. Dieses Konzept, welches von Kollegen Johannes Winkler beeindruckend präsentiert wurde, verstehen wir aber nicht als ein einengendes Korsett, sondern als eine Basis zur Förderung individueller Interessen und Begabungen (sowohl bei Schüler/innen als auch bei Lehrer/innen).
Der rege Gedankenaustausch an den „Runden Tischen“ zeigt einmal mehr auf, wie kreativ und innovativ an den Musikhauptschulen in Österreich gearbeitet wird und bot die Möglichkeit viele dieser Projektideen und „ best practice“ Konzepte anderen Schulen zur Verfügung zu stellen, von denen nun einige auszugsweise aufgelistet sind: Bergadvent, Choraustausch mit Tschechien, Opernprojekt „Rigo & Letto“, Karaoke-Benefizveranstaltung, Salzburger Weihnachtslieder CD für Kinder, klang.bilder, welt.musik, Improvisationstheater, Styria Cantat, Afrikaprojekt, Zirkus macht Schule, Musikpraktische Tage, jahrgangsübergreifende Projekte in Musik-NMS, Vereinsgründung „Freunde und Förderer der MHS“, Projekt Männerchor, uva.
Als musikalischen Leckerbissen durften wir am Dienstagabend die Gruppe SOULICIOUS in unseren Reihen begrüßen. Nina, Karen und Chris boten dem Publikum mit ihren crispen dreistimmigen Vocalparts, den einfühlsamen Interpretationen, die tighten Vocal-Percussion-Einlagen und schließlich den leidenschaftlich gesungenen Songtexten einen unvergesslichen Ohrenschmaus.
Die Teilnehmer/innen freuen sich auf ein nächstes Treffen dieser Art in zwei Jahren, von dem Österreichweit viel Kraft, Motivation und Innovation ausgeht und haben dafür bereits viele Ideen gesammelt.
Die einzelnen Standorte der Musik-HS in Österreich sind Quellen der Innovation, denn musisches Agieren und Lernen befruchten einander gegenseitig in einem besonderen Ausmaß. Wir nehmen die Fähigkeiten und Bedürfnisse jedes einzelnen Kindes individuell wahr und entwickeln mit ihnen Strategien für ihr eigenverantwortliches Lernen. Gerade im künstlerischen Bereich sind persönliche Integrität, innovative Verantwortung und das Selbstwertgefühl der Schüler/innen für die Persönlichkeitsentwicklung von eminenter Bedeutung.
Herzlichen Dank an die Mitarbeiter/innen der Steuergruppe Eva Kriso, Gerald Kolm und Gerhard Penzinger sowie dem Vorstand der ARGE, die zum Gelingen dieser Veranstaltung einen wesentlichen Beitrag geleistet haben. Ein herzliches Dankeschön gilt auch der PH NÖ und den Mitarbeiter/innen des HIP-Hauses St. Pölten für die gute Zusammenarbeit!
Erhard Mann, Bundesvorsitzender